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DDIVaktuell Ausgabe 02|17

Vom Versammlungsleiter zum Showmaster
DDIVaktuell 01.03.2017 Ausgabe: 2/17

Die jährliche Eigentümerversammlung ist nicht eine nur gesetzliche Pflicht für den Verwalter, sie kann bei guter Vorbereitung und Durchführung auch ein perfektes Marketinginstrument sein.

Eigentümer erwarten vom professionellen Verwalter die straffe Durchführung der Versammlung. Dazu gehören nicht nur rechtssichere Beschlussformulierungen, sondern auch die sofortige und korrekte Verkündung der Beschlüsse. Gerade das ist die Herausforderung, insbesondere bei großen Gemeinschaften, die oft auch noch Untergemeinschaften bzw. verschiedene Abstimmungskreise haben. Die guten alten Stimmkarten, die Ermittlung der Stimmanteile mit Excel-Tabelle oder auch das Einlesen von Barcodes, wie es manche Softwarehersteller mit der Verwaltungssoftware anbieten, stoßen dabei schnell an die ­Grenzen der ­Praktikabilität. Die Auswertung kostet Zeit, oft einen weiteren Mitarbeiter, bis zur Verkündung kommt Unruhe auf  – die Versammlung verzögert sich erheblich durch die Methoden alter Schule. Kommen zudem weisungsgebundene Vollmachten ins Spiel, kann der Versammlungsleiter schon mal den Überblick verlieren, mit u. U. fehlerhafter Beschlussverkündung.

Abstimmen per TED

Man kann das Wahlverhalten der Eigentümer bei Beschlussfassungen mit TED-basierten Abstimmungssystemen erfassen. TED steht für Tele-Dialog und ist sicherlich so manchem aus Fernsehshows bekannt. Kleine Handsender, die zu Beginn der Versammlung bei der Anwesenheitskontrolle an die Stimmberechtigten ausgegeben werden, können die jeweiligen individuellen Stimmanteile sofort erfassen – und ebenso schnell kann der Verwalter das korrekte Beschlussergebnis verkünden. Auch die Herausforderungen diverser Abstimmungskreise bzw. Untergemeinschaften sind problemlos zu meistern. Die Ermittlung der doppelt qualifizierten Mehrheit ist selbst bei großen Gemeinschaften denkbar einfach. Auch Besonderheiten wie geheime Wahlen oder Stimmrechtsausschlüsse lassen sich darstellen. Jede Stimmabgabe zu jedem Tagesordnungspunkt wird rechtssicher in einer Datei abgespeichert – bei geheimer Wahl natürlich für den Verwalter nachvollziehbar, denn insbesondere für Beschlussanfechtungen oder Haftungsfragen ist das protokollierte Stimmverhalten wichtig. So läuft die Versammlung zügig und ohne Zeitverluste für die Auswertung, unabhängig davon, was Teilungserklärung, Rechtsprechung oder Wohnungseigentumsgesetz zum vorgesehenen Tagesordnungspunkt vorgeben.

Welche Vorarbeit ist zu leisten?

Das beste System ist wenig wert, wenn es der Anwender nicht bedienen kann. Das Abstimmungssystem muss also nicht nur in der Versammlung einfach zu handhaben sein, sondern auch im Vorfeld schon. Die Handsender müssen mit den jeweiligen Daten der stimmberechtigten Eigentümer programmiert werden. Da jeder Wohnungsnummer nach Teilungserklärung bestimmte Miteigentumsanteile zugewiesen sind, lassen sich diese Werte gut in einer Excel-Tabelle darstellen. Jede Hausverwaltungssoftware kann die Eigentümerliste mit den dazugehörigen Miteigentumsanteilen in eine Excel-Tabelle exportieren. Ggf. ist für jede Eigentümergemeinschaft eine solche Tabelle einmalig manuell zu erstellen, die jedes Jahr in die Software eingelesen werden kann, da Wohnungsnummern und Miteigentumsanteile unverändert bleiben. Lediglich bei Eigentümerwechseln sind Anpassungen nötig.
Vor der Versammlung wird zu jedem Tagesordnungspunkt festgelegt, wer abstimmen darf: alle Wohnungseigentümer, nur eine bestimmte Untergemeinschaft oder ob jemand ausgeschlossen ist. Auch dem Verwalter erteilte Vollmachten kann der Verwalter einpflegen, bei Bedarf mit Weisung je Tagesordnungspunkt.

Vom Hilfsmittel zum Marketinginstrument

Aus mittlerweile dreijähriger Erfahrung mit einem solchen Abstimmungssystem lässt sich sagen, dass es sich nicht nur als gut funktionierendes Hilfsmittel erweist, sondern auch als Instrument des Marketings. Professionelles Auftreten des Verwalters gepaart mit Benutzerfreundlichkeit zahlt sich aus. Selbst Eigentümer, die noch nie einen Computer oder ein Smartphone bedient haben, kommen mit den wenigen Tasten auf dem Sender leicht zurecht. Die Bekanntheit des Systems aus Quiz-Shows baut Vorbehalte schnell ab. Vor allem aber der Zeitgewinn ist ein überzeugendes Argument, das per Empfehlung zu Folgeaufträgen großer, rentabler Eigentümergemeinschaften führte.

Die Kosten-Nutzen-Analyse

Elektronische Abstimmsysteme sind derzeit noch recht teuer. Bei Kosten ab rund 50 Euro netto pro Sender (zzgl. Software, Lizenz, Empfänger, Tragetasche) ist bei einem Bedarf von 80 Sendern mit etwa 4.500 Euro zzgl. MwSt. zu rechnen. Bedenkt man aber, dass bei großen Versammlungen auf eine Begleitung des Versammlungsleiters für die Stimmauszählung verzichtet werden kann, der Zeitaufwand sich zudem deutlich reduziert, beläuft sich der eingesparte Personalaufwand auf 150 bis 250 Euro pro Veranstaltung. Die Investition hätte sich also nach etwa 25 Versammlungen amortisiert – und ist für die zeitgemäße Verwaltung von Eigentümergemeinschaften ab 30 Einheiten eigentlich ohnehin unumgänglich.

Ausblick und Alternativen

Inzwischen gibt es auch Abstimmungssysteme, für die keine Handsender mehr benötigt werden. Jedem Eigentümer dient sein eigenes Smartphone als Sender. Eine zuvor installierte App ermöglicht via Bluetooth die Übermittlung der Stimmabgabe. Das erspart zwar die Kosten für die Hardware der Sender, setzt aber voraus, dass jeder Teilnehmer im Besitz eines Smartphones mit der bereits installierten benötigten App ist. Für Versammlungen von großen Gemeinschaften, wo die digitale Abstimmung die meisten Vorteile bietet, sicherlich noch nicht praktikabel – aber die Entwicklung schreitet voran. Sicher ist jedenfalls, dass die gute alte Stimmkarte bald ausgedient haben wird. Eigentümer, die einmal die Vorteile digitaler Abstimmungssysteme kennengelernt haben, werden sich sicherlich nicht mehr mit weniger zufrieden geben.

DER AUTOR:

SCHWANDT, MARC
Der Dipl.-Betriebswirt ist Geschäftsführer der Marc Schwandt Immobilienverwaltung GmbH, Düsseldorf, seit 26 Jahren selbständiger WEG-Verwalter und nutzt die elektronische Abstimmung seit 2014.